Die Zeller wussten es schon lange vor Udo Lindenberg, dass es hinter dem Horizont weitergeht, wie er es in seinem Lied besingt. Diese Erkenntnis ist aber längst noch nicht zum Allgemeingut
geworden. Es gibt genug Zeitgenossen, bei denen der Horizont schon am eigenen Gartenzaun,
oder am Heck des vorausfahrenden Autos endet.
Deutlich weiter, im Sinne von Veränderungen, geht es vor dem Horizont. Bauten werden abgerissen und umgestaltet, weil sie offenbar nicht mehr in die Zeit passen. Neues entsteht und einstige Freiflächen verschwinden. Mit Ausgleichsmaßnahmen wird dann das Gewissen beruhigt.
Am stärksten macht sich der Wandel innerhalb des eigenen Tellerrands bemerkbar. Die Selbstversorgung innerhalb der Familie mit landwirtschaftlichen Produkten gehört bis auf wenige Ausnahmen der Vergangenheit an. Inzwischen ist durch das Fehlen eines Lebensmittelladens im Ortskern, für manchen Älteren, selbst das Einkaufen zu einem Problem geworden.
Am deutlichsten zeigen sich die Veränderung im Ort selber. Häuser verschwanden, neue, dem Zeitgeist entsprechende Wohn– und Geschäftshäuser, entstanden an ihrer Stelle. Selbst neuere Gebäude wurden inzwischen Opfer der Abrissbirne.
Das Landschaftsbild blieb ebenfalls nicht ungeschoren. Die Zeiten des Weinbaus sind in Zell vorbei. Ihren eigenen Most stellen nur noch wenige Zeller her. Der Baumbestand auf den Streuobstwiesen und Tafelobstanlagen altert vor sich hin und bieten Höhlenbrütern und sonstigem Getier Unterschlupf.
1,44 qkm der Zeller Gemarkung sind als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen:
Das Naturschutzgebiet “Alter Neckar“ ist das einzige Naturschutzgebiet auf Zeller Gemarkung. Die Schutzbestimmungen in solchen Gebieten sind wesentlich strenger. Hier kann das Betretungsrecht eingeschränkt, bzw. ein Betreten nur auf gekennzeichneten Wegen begrenzt werden.
Bei den äußeren Veränderungen im Ort und drum herum, blieb es nicht allein. Das Gemeinschaftsleben im Ort ist anonymer geworden. Wer kennt heute noch alle seine Nachbarn, die drei Häuser weiter wohnen. Dorffeste, bei denen über die Vereine viele Einwohner Hand anlegten und mitfeierten, gehören der Vergangenheit an.
Spielen im Dorf:
Für die älteren Zeller war das ganze Dorf ein Kreativ-Spielplatz. Bei dem Verkehr, heute ein Unding. Baurechtlich verbindliche Reservate dienen nun zu festgelegten Zeiten als Kinderspielplätze.
Die aufwändige „Möblierung“ regt die Kreativität kaum an, wenn nicht auch ein Sandkasten dabei ist, oder die Kinder bauen sich, mit dem was gerade so da ist, selber etwas.
Werden die heutigen Kinder später auch einmal sagen, früher war nicht alles besser, aber anders. Vielleicht brauchen sie keine Spielplätze mehr, weil sie eine Spielplatz-App auf ihrem Smart-Phone haben.
Selbst das Ziel des letzten Weges, den jeder gehen muss, ist heute nicht mehr die Erdbestattung in einem Sarg und dem anschließend bepflanzten Einzelgrab mit Grabstein. Urnenbestattungen in Kolumbarien und Urnengärten haben die seither üblichen Bestattungen abgelöst.
Auch in kommenden Zeiten wird Zell von Neuerungen nicht verschont bleiben. Aber die Schule und die Kirche wird man wohl noch im Dorf lassen. Das Rathaus ist ja leider schon nicht mehr das, was es einmal war.