Wer einst über die Rufweite hinaus etwas mitteilen wollte, der schrieb oder ließ schreiben. Mit Briefen oder Postkarten wurden die persönlichen Nachrichten transportiert. Und je nach Entfernung
konnte dies einige Zeit dauern. Mit der technischen Entwicklung wurden durch Telegramme die Zeiträume deutlich abgekürzt. Zwischen 1877 und 1878 gab es in Berlin über die Distanz von
zwei Kilometer die ersten Telefonversuche. Später wurden Freileitungen zwischen den großen Städten errichtet.
Die Vermittlung zwischen den Gesprächspartnern besorgte das “Fräulein vom Amt“. Frauen wurden für die Vermittlung gewählt, weil sie aufgrund ihrer höheren Stimmlage besser zu verstehen waren als
die tieferen Männerstimmen. 1923 wurde die erste automatische Fernvermittlungsstelle in Betrieb genommen. Seit 1955 konnten erste selbstwählbare Auslandsgesprä-
che geführt werden. 1971 wurden in Westdeutschland erstmals mehr Telefongespräche (11,7 Milliarden) geführt, als Briefsendungen (11,5 Milliarden) aufgegeben. 2019 wurden von der Post in Deutschland
17,4 Milliarden Briefe befördert. Die Tendenz ist gegenüber den Vorjahren jedoch rückläufig.
Der häufigere und bequemere Griff zum Telefon hat sich bis in die Städte und Gemeinden hinein ausgewirkt. Die inzwischen 143 Millionen Mobilfunkanschlüsse in Deutschland (2019) belegen dies eindrücklich. Postämter wurden geschlossen.
So auch in Zell. Das erste Postamt war in der Bachstraße Ecke Wilhelmstraße (neben dem Blumenhaus Lang). Später zog die Post ins Rathaus und dann in die Wilhelmstraße 42 um. In den 1990er Jahre wurde sie geschlossen. Danach gab es in Bahnhofsnähe eine private Poststelle, die nur eine kurze Lebensdauer hatte. Eine Anlaufstelle, aufgrund der Entfernung eher eine Anfahrstelle, für den Postversand befindet sich heute im Kiosk des Einkaufsmarkts in der Alleenstraße.
Nicht nur das Postamt hat sich in Zell rar gemacht. Die Zahl der Briefkästen im Ort ist drastisch, bis auf den einen vor dem Bahnhof, geschrumpft. Der vorletzte Briefkasten hing am Zeller Rathaus.
Nach dem Verkauf des Rathauses wurde er bei der Fassadenrenovierung abgehängt und nicht wieder aufgehängt. Inzwischen scheint bei der Zustellung der Briefpost der Montag gestrichen zu sein und an den
anderen Tagen wird es oft später Nachmittag, bis die Briefe zugestellt
werden.
Zu früheren Zeiten war der Postbote innerhalb seines Reviers fast eine “Institution“. Heute sieht man ständig und oft nur für kurze Zeit neue Postboten, die die Briefe bringen. Außerdem ist noch ein regionaler Zustelldienst in Zell unterwegs.
Während die Postboten im Ort kaum auffallen, sind die diversen Paketpostzusteller kaum zu übersehen. Die Deutsche Post betreibt unter dem Markennamen DHL ihr gesamtes Fracht- und Expressgeschäft.
Die Post ist aber nicht allein auf diesem Gebiet tätig. Sie teilt sich den Markt mit Firmen wie z.B. DPD, GLS, UPS und Hermes, um nur einige zu nennen. Durch den Onlinehandel mussten 2019 in
Deutschland 3,5 Milliarden Pakete und Päckchen zugestellt werden (Tendenz
steigend), das sind 38 Sendungen pro Einwohner.
Der Onlinehandel hat das Einkaufsverhalten deutlich verändert, was inzwischen auch größere Einkaufsmärkte zu spüren bekommen. Sie, die Märkte auf der Grünen Wiese, haben zuvor den Läden im Ort durch
Dumpingpreise das Leben schwer gemacht. “Geiz ist geil“ hat die Märkte gefüllt.
Zum Händler am Ort ging man nur, wenn man eine Kleinigkeit vergessen hatte. Und das Wenige was dann gekauft wurde, reichte nicht zum Überleben. Jetzt geraten durch den Onlinehandel die Großen in Schwierigkeiten, die teilweise selber ins Onlinegeschäft einsteigen um konkurrenzfähig zu bleiben.
Hans-Joachim Bosse
März 2020